Projektgebiet
Erz, karge Äcker und bunte Wiesen
Seit über 500 Jahren ist das Osterzgebirge geprägt vom Erzbergbau, begleitet von kleinparzelliger Landwirtschaft auf kargen Böden.
Ackerbau und Viehwirtschaft mit genügsamen Arten wie der Erzgebirgsziege dienten in Bergbausiedlungen oft der Selbstversorgung, in ursprünglich bäuerlichen Dörfern wie Fürstenau war die Landwirtschaft auch lange Haupterwerb.
Besiedlung
Die Gegend zwischen Altenberg und Fürstenwalde wurde im Wesentlichen in drei Siedlungsperioden besiedelt:
- Die erste Besiedlungswelle im Zuge der bäuerlichen Kolonisation fand ab Ende des 13. Jahrhunderts statt. Als älteste Dörfer gelten Bärenstein (1294), Fürstenau und Fürstenwalde (1324) sowie Löwenhain (1340).
- Zu einer zweiten Besiedlungswelle kam es durch Zinnerzfunde im 15. Jahrhundert, die die jahrhundertelange Bergbautradition von Altenberg begründeten. In dieser Zeit entstanden die Orte Altgeising (vor 1440), Altenberg (1440), Geising (1446) und Neugeising (1462). Altenberg und Geising entwickelten sich durch ungeregelte Besiedlung im Zuge des Bergbaus sehr schnell und unterscheiden sich in ihrem Aufbau deutlich von den im Osterzgebirge ansonsten vorherrschenden sogenannten Waldhufendörfern.
- Als dritte Siedlungsperiode gilt der Zuzug böhmischer Exilanten im 18. Jahrhundert. Dadurch entstanden wiederum neue Ortschaften, u. a. Neugeorgenfeld und Gottgetreu.
Weiteren verstärkten Zuzug erfuhr die Gegend ab 1880 durch den Bau der Eisenbahn durch das Müglitztal und der dadurch erfolgten Erschließung des Osterzgebirges.
Nutzungsgeschichte
Ackerbau
Mit der Besiedlung begann naturgemäß die landwirtschaftliche Nutzung. Erste Nachweise dafür gibt es allerdings erst ab dem 16. Jahrhundert. In dieser Zeit wurde vor allem in den alten Waldhufendörfern die Dreifelderwirtschaft mit Roggen, Hafer und Gerste eingeführt. In den Bergbaudörfern hingegen wurden den Arbeitern kleine Parzellen, sog. „Räumeriche“, zugeteilt, die fast ausschließlich zur Eigenversorgung bestellt wurden.
Traditionelle Viehwirtschaft
Auf den vielen armen Böden vor allem um die Bergbausiedlungen Geising und Altenberg war Viehwirtschaft die verbreitete Nutzung. Es wurden robuste Rassen wie die Erzgebirgsziege („Kuh des kleinen Mannes“) gehalten. Geising hieß sogar im Volksmund „Ziegengeising“. Die traditionelle Ziegenhaltung wurde noch bis in die 30er Jahre des 20. Jahrhunderts fortgeführt.
Ausbau des Ackerbaus
Ab Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Ackerbau mit Getreide, Klee, Feldfutter und Hackfrüchte stark ausgebaut. Dies führte zu verstärkter Stallhaltung der Tiere und Vergrößerung der Bestände. Vor allem Rinder konnten nun ganzjährig im Stall gehalten werden.
Die Fruchtfolgen der Schläge mit Feldfrüchten, Brachen und Grünland wurden detailliert festgelegt und bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts beibehalten. So entstand das kleinteilige Nutzungsmosaik, das stellenweise bis heute sichtbar ist.
Rückgang des Ackerbaus und Ausbau der Wiesennutzung
Mit der Konzentration der Industrie im Elbtal um Dresden wurde der Bedarf an Pferdefutter immer größer. Das ligninreiche Bergwiesenheu des Erzgebirges war sehr begehrt und verhalf der Wiesenwirtschaft zum Durchbruch, die bis in die 1940er Jahre damit auf dem Dresdner Heumarkt konkurrenzfähig war. Im Zuge dessen wurden immer mehr unrentable Ackerflächen in ein- bis zweischürige Mähwiesen umgewandelt. Häufig wurden auch Ackerflächen einige Jahre mit Futtergras bestellt und danach wieder zu Äckern umgebrochen. Der Viehbesatz war äußerst niedrig (0,5 GV/ha) und gedüngt wurde nur hofnah mit Stallmist. Entfernte Wiesen wurden nicht gedüngt.
Die Entstehung der Steinrücken
Im Laufe der Nutzung der Flächen wurden die Feldsteine aus den Äckern nach dem Eggen zu Steinriegeln exakt entlang der Flurgrenzen aufgeschichtet, um möglichst viel nutzbare Fläche zu behalten. So entstanden im Laufe der Jahrhunderte die ausgedehnten Steinrücken, die heute das Bild der Landschaft prägen. Die Gehölze wurden traditionell regelmäßig geschnitten und als Feuerholz genutzt.
„Stein um Stein sind die langen, flurbegrenzender Steinmengen oder die mitten auf dem Felde ruhenden runden Halden aus dem Boden gehiben. Nach jedem krümmte sich ein Rücken, jeden fasste eine Hand. Urväter warfen den ersten Stein zur Halde, die Geschlechter in Jahrhunderten weiter formten.”
Aus „Im Banne der Steinrücken” von A. Eichhorn vom Landesverband Sächsischer Heimatschutz 1924
Intensivierung und Wende
Die Kollektivierung und Intensivierung der Landwirtschaft durch Kunstdünger und Pestizide in den 60er Jahren führte zu starken Nutzungsänderungen im Gebiet:
- Erhöhung der Viehbestände
- Aufgabe der Mahd
- Umwandlung von Äcker in Grünland
- Rückgang der Holznutzung auf Steinrücken
- Völlige Aufgabe der Nutzung auf Nasswiesen und Steilhängen
- Düngung und intensive Beweidung mit starker Veränderung der Vegetation
Mit der politischen Wende 1990 änderten sich erneut die landwirtschaftlichen Rahmenbedingungen mit weiteren negativen Folgen:
- Nutzungsaufgabe landwirtschaftlicher Flächen infolge Unrentabilität
- Aufforstung sensibler Bereiche, v. a. Moore und Nasswiesen mit fremden Baumarten
- Stark sinkende Tierbestände mit zunehmendem Raufutterüberschuss
- Abbau des Getreideanbaus mit Zunahme des Futteranbaus